Fahrradklima-Test Keyvisual grün © ADFC | April Agentur
ADFC Fahrradklimatest 2020 - Die Ergebnisse
Alle zwei Jahre führt der ADFC, dabei gefördert durch das Bundesverkehrsministerium, eine bundesweite Umfrage bei den Fahrradfahrern durch. Velbert erneut mit der Note "ungenügend".
Fahrradklimatest: Velbert erneut Note "ungenügend".
Alle zwei Jahre führt der ADFC, dabei gefördert durch das Bundesverkehrsministerium, eine bundesweite Umfrage bei den Fahrradfahrern durch:
Das Motto: Hallo Bürger, wie bewertet ihr den Fahrradverkehr in Eurer Stadt?
Im Jahr 2020 beteiligten sich etwa 30% mehr Bürger am "FahrradKlimaTest".
Jetzt liegt das Ergebnis dieser bundesweiten Umfrage für die Stadt Velbert vor.
Wie hat Velbert heute abgeschnitten, nachdem 2018 die Stadt den vorletzten und 2016 gar den letzten Platz "gewonnen" hatte?
In der Schule würde es für Velbert heute einfach wieder heißen: "Setzen, sechs".
Wieder einmal und insofern konstant erhielt Velbert den annähernd letzten Platz: Platz 106 von 110 in diesem Jahr. Schlechter geht es eigentlich nicht.
"Das war fast schon zu erwarten, leider", so Bernd Zielke, 1. Sprecher des ADFC Velbert. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club ist die mit weitem Abstand mitgliederstärkste Interessenvertretung der Alltagsradfahrer. Allein in NRW zählt der ADFC mehr als 50.000 Mitglieder. "Uns geht es einfach nur darum, das vielfach effektivste Verkehrsmittel zu fördern.
Dabei steht für uns der Alltagsradler an erster Stelle, egal ob als Berufspendler, Touren- oder Urlaubsradler. Wir wollen erreichen, dass die Bürger in allen Altersgruppen sicher mit dem Fahrrad in unserer Stadt von A nach B kommen", ergänzt Holger Boden, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit der Ortsgruppe. "Und genau das ist in Velbert vielfach unmöglich".
Das ergibt sich auch aus der aktuellen Umfrage für die Stadt Velbert: Der weit überwiegende Teil der Radfahrer fühlt sich beim Fahren in Velbert einfach nicht sicher. So sieht es auch Bernd Zielke, täglich mit dem Rad in der Stadt unterwegs. "Man hat im Verkehr kaum das Gefühl, sicher fahren zu können. Manchmal fühle ich mich regelrecht bedroht".
Keine Sicherheit für Radfahrer
Die Vertreter des ADFC werden nicht müde, Beispiele aufzuzählen:
"Befahren Sie mal die Friedrich-Ebert-Straße. Erst wird der Radfahrer zu Balanceübungen neben den Autos oder LKW's veranlasst, weil der Radweg viel zu schmal ist. Dann landet der Radler radweggeführt mitten in der Bushaltestelle - anstatt den Radweg um die Haltestelle herumzuführen. Das ist doch brandgefährlich. Von den Buskunden, die Ein- oder Aussteigen wollen, erst gar nicht zu reden". Zielke fährt fort: "Versuchen Sie mal, mit dem Rad die Hauptachse Ost-West im Kreuzungsbereich "Am Berg" zu passieren. Erst müssen Sie zirkusreife Auftritte zeigen, um zwischen Fahrbahn und Betonmauer hindurch zu kommen, dann steht ein Verkehrsschild im Weg und wenn man schließlich meint, aufatmen zu können ("Geschafft"), wird man auch dort mitten durch die Bushaltestelle geführt - und das vor den Augen der Polizei, die ja am Berg bekanntlich ihre neue Wache hat". Bernd Zielke müht sich, nicht unbeherrscht zu werden. "Dass Radwege in Velbert im Nirvana enden ist hingegen fast schon an der Tagesordnung".
Boden ergänzt:
"Oder die Langenberger Straße. Es gibt keine Ausweichmöglichkeit. Jeden Tag muss ich da lang. Erst wird der Radfahrer an den rechten Rand der eigentlich doch überbreiten Fahrbahn gedrängt - dort droht dann "Dooring", weil ein Autofahrer nach dem Parken unbedacht seine Tür öffnet. Der Radfahrer hat keine Chance, einen meist schweren Unfall zu vermeiden". Boden fragt: "Kann man sich überhaupt vorstellen, welche nicht selten tödlichen Folgen dieses "Dooring" mit sich bringt?". Denn:
"Wenn in fast schon klassischer Form Interessen aufeinanderprallen (Aussteigen gegen Vorbeifahren) ist es ist doch nur eine Frage der Zeit, bis wirklich mal jemand ernsthaft verletzt wird - und zwar fast schon "mit Ansage". Muss es erst dazu kommen?"
Die Stadtplaner sind gefordert
Der ADFC weist darauf hin, dass aus seiner Sicht der entscheidende Wille für eine städtische Planung fehlt. "Wir würden uns wünschen, wenn bei Verkehrsplanungen die Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt behandelt würden - und nicht der (zunehmende) Fahrradverkehr im Wesentlichen nachrangig bleibt. Wenn Velbert politisch signalisiert, Radverkehr sei willkommen, dann muss einfach mehr geschehen". Dabei sind die Vorstellungen des ADFC nicht utopisch: "Wir vom ADFC sind doch wahrlich weit entfernt davon, uns eine ideale Fahrradstadt zu wünschen. Wir verfolgen derzeit Minimalziele, nur um gesund ankommen" meint Bernd Zielke. Und Holger Boden, für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig, ergänzt mit Blick auf die jetzt veröffentlichten Zahlen: "Es geht auch anders. Das zeigt die Umfrage. Wenn Städte und Kommunen sich mehr der freundlichsten Form des Individualverkehrs annehmen, dann zeigt sich das sofort in der oftmals viel besseren Bewertung durch die Bürger". Velbert hingegen ist - heute immer noch - so gut wie Schlußlicht.
Was also wäre zu tun?
"Es ist eine simple Wahrheit, die man einfach aussprechen muss: Es geht eben manchmal nicht ohne eine andere Aufteilung der zur Verfügung stehenden und nicht beliebig zu vermehrenden Verkehrsfläche". Das bedeutet nach Meinung des ADFC konkret: weniger Platz für das Auto. Velbert ist jedoch nach Meinung der Bürger immer noch sehr weit entfernt oder gar nicht erst bereit, diese Tatsache zu diskutieren. Zielke: "Es wird dann meist mit Kosten argumentiert. Dabei lösen manche Maßnahmen kaum hohe Kosten aus. Erste Voraussetzung ist, dass man die Gefahr erkennt und sich um deren Beseitigung noch intensiver bemüht. Wir sind vom ADFC immer gesprächsbereit. Wir könnten beispielsweise sofort eine gemeinsame Stadtrundfahrt unternehmen und die Probleme hautnah vorführen. Wir haben doch auch keine Lust mehr auf die rote Laterne. Sicherer Radverkehr ist besserer Radverkehr - und das hilft jedem Bürger in unserer Stadt".
Deswegen sucht der ADFC unverdrossen den Weg zum Dialog mit der kommunalen Politik und den Parteien um Lösungen zu erarbeiten. Geführte Gespräche ändern offenbar noch nichts an der katastrophalen Bewertung der Verkehrssituation durch die Bürger.
"Irgendwann sind Wahlen - und dann werden wir oder politische Parteien nochmals auf das Umfrageergebnis und sein konstant mieses Ergebnis aus der Sicht der Velberter Bürger zurückkommen".