Themenkomplex Einbahnstraßen
Ein wichtiger Punkt, um das Fahrradfahren in der Stadt einfacher und angenehmer zu machen, ist die Erlaubnis zum Befahren einer Einbahnstraße entgegengesetzt der Fahrtrichtung. In diesem Beitrag gibt es Hintergründe, den Status Quo und einen Ausblick
Öffnung von Einbahnstraßen für den Radverkehr (Situation bis 2018)
Für Radfahrer freigegebene Einbahnstraßen hatten wir bis 2018 nur wenige in Velbert-Mitte, und nur eine, die tatsächlich ins Gewicht fällt; nämlich das Stück Friedrichstraße ab Noldestraße bis zur Grünstraße.
Die Reaktion der entgegenkommenden Autofahrer(innen) reichte von Verständnis (sogar stehenbleiben und vorbeilassen) bis zur strikten Ablehnung / Unkenntnis (Vogel zeigen), und Fußgänger waren der Ansicht, es sei für Radfahrer zu gefährlich. Und das in einem verkehrsberuhigten Bereich, in dem für den Fahrzeugverkehr Schrittgeschwindigkeit gilt!
Um dies öffentlichkeitswirksam zu verändern, wollte der damalige Radverkehrsbeauftragte der Stadt Velbert, Rainer Jadjewski, möglichst alle Einbahnstraßen gleichzeitig für Radfahrer freigegeben. Da die Erfassung der Einbahnstraßen nicht so einfach ist, wurde in Zusammenarbeit mit dem ADFC Velbert das Projekt mitmachen.adfc-velbert.de gestartet. Über das Portal konnte jeder Bürger in Velbert bis zum 31. Oktober 2018 Einbahnstraßen und weitere Beschilderungsmaßnahmen melden.
Unechte Einbahnstraßen
Straßen, die zwar nur einen Zugang bzw. eine Zufahrt haben, jedoch nicht als Einbahnstraße mit Verkehrszeichen 220-10 bzw. 220-20 gekennzeichnet sind, gelten als unechte Einbahnstraßen. Aufgrund des Verkehrszeichens 353 ist zwar die Einfahrt an einem Ende verboten, man kann jedoch innerhalb der Straße in beide Richtungen fahren. Auch diese Straßen können und sollten für Radfahrer freigegeben werden. Beispiele hier sind die Dammstraße und der Moltkeplatz in Velbert-Mitte.
Öffentliche Wahrnehmung
Für den Radfahrer sind freigegebene Einbahnstraßen ein Segen, insbesondere in Städten wie Velbert, deren Verkehrskonzept sich stark auf Einbahnstraßen stützt.
Dass die öffentliche Meinung durchaus anders sein kann, zeigt ein Beitrag im Lokalkompass/Stadtspiegel vom 8. November 2014. Dort bezeichnet die Autorin die Teilfreigabe der Friedrichstraße sogar als "Flop der Woche", da Autofahrer durch sogenannte "Geister-Radfahrer" überrascht werden könnten. Die Autorin geht sogar so weit und bezeichnet die zum damaligen Zeitpunkt neue Regelung als Gefahr.
Diese Auffassung der Situation ist objektiv betrachtet absurd. Der betroffene Bereich der Friedrichstraße ist bereits als verkehrsberuhigter Bereich gekennzeichnet (Verkehrszeichen 325.1). Womit gemäß Anlage 3 der Straßenverkehrsordnung folgendes gilt:
- Fußgänger dürfen die Straße in ihrer ganzen Breite benutzen; Kinderspiele sind überall erlaubt.
- Der Fahrzeugverkehr muss Schrittgeschwindigkeit einhalten.
- Die Fahrzeugführer dürfen die Fußgänger weder gefährden noch behindern; wenn nötig müssen sie warten.
Vor diesem Hintergrund muss man sich fragen, zu welchem Zeitpunkt ein regulär entgegenkommender Radfahrer eine Gefahr für den motorisierten Individualverkehr darstellen könnte. Hinzu kommt, dass die Situation über die vorhandene Beschilderung korrekt dargestellt ist und ein Autofahrer dementsprechend jederzeit mit Radfahrern rechnen muss.
Es ist an der Zeit, dass sich die Denkweise in der Autostadt Velbert ändert!
Hintergründe
Die Freigabe einer Einbahnstraße mittels "Radfahrer frei" ist in der Verwaltungsvorschrift (VwV-StVO) zu Zeichen 220 (Einbahnstraße) zu finden:
IV.
1. Beträgt in Einbahnstraßen die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht mehr als 30 km/h, kann Radverkehr in Gegenrichtung zugelassen werden, wenn
a) eine ausreichende Begegnungsbreite vorhanden ist, ausgenommen an kurzen Engstellen; bei Linienbusverkehr oder bei stärkerem Verkehr mit Lastkraftwagen muss diese mindestens 3,5 m betragen,
b) die Verkehrsführung im Streckenverlauf sowie an Kreuzungen und Einmündungen übersichtlich ist,
c) für den Radverkehr dort, wo es orts- und verkehrsbezogen erforderlich ist, ein Schutzraum angelegt wird.
2. Das Zusatzzeichen 1000-32 ist an allen Zeichen 220 anzuordnen. Wird durch Zusatzzeichen der Fahrradverkehr in der Gegenrichtung zugelassen, ist bei Zeichen 267 das Zusatzzeichen 1022-10 ( Sinnbild eines Fahrrades und "frei") anzubringen. Vgl. zu Zeichen 267.«
In dieser Einbahnstraße ist Radverkehr somit in beiden Richtungen erlaubt.
Sind die o.g. Voraussetzungen erfüllt, so besteht eine Verpflichtung der zuständigen Behörde, eine Einbahnstraße für den Radverkehr in Gegenrichtung freizugeben.
Darüber hinaus gibt es noch viele weitere Möglichkeiten Einbahnstraßen auch für Radfahrer zugänglich zu machen und damit die Attraktivität des innerstädtischen Radverkehrs zu steigern.
Mitmachen-Projekt
Unser Mitmachen-Projekt haben wir 2018 gestartet, um mit der Hilfe von allen Bürger*innnen aus Velbert, die Beschilderungssituation für Fahrradfahrer und Fußgänger zu verbessern. Anfangen haben wir der Beschilderung für durchlässige Sackgassen, Einbahnstraßen und Straßen mit Durchfahrverbot für Fahrzeuge aller Art.